Musikerschnack #1: Im Bett mit Alex Janus

Mit Mira Wunder geht die junge Sängerin gerade steil. Im Gespräch erzählt Alex von ihrer musikalischen Vergangenheit, offenbart, dass sie eigentlich ziemlich chaotisch ist und lüftet das Geheimnis um ihre abgefahrene Brille. 

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Hier wird es endlich passieren. Wir sind pünktlich und werden erwartet: Alex‘ Mutter ist in unser Vorhaben eingeweiht und lässt uns rein – ganz freiwillig. Die Schuhe darf man anlassen im Hause Janus. Im Bett aber, da trägt man keine Schuhe.

Genau da soll es heute hingehen. Genau da, im Bett der Sängerin von Mira Wunder, werden wir gleich unser erstes Mal erleben. Alex muss sich noch zurechtmachen, zieht sich vor dem Spiegel einen weißen Strich senkrecht über die tiefroten Lippen – neben der Brille eines ihrer Markenzeichen. Kostbare Zeit, um sich in ihrem Zimmer umzusehen. Im CD-Regal (ja, es gibt Menschen, die tatsächlich noch sogenannte Compact Discs kaufen) steht Jack Johnson neben Eric Clapton und Jake Bugg, insgesamt eine bunte Mischung. Während dem Schminken ist sie abwesend, antwortet nur knapp.

„Nicht multitaskingfähig?“ „Genau genommen nicht mal singletaskingfähig“, sagt sie.

Unter dem Röhrenfernseher stehen ein paar PSP-Spiele im Regal (darunter Tekken und Sims), davor liegen Scheinwerfer, Verstärker, kurz: Bühnenutensilien. Auch mädchentypische Sachen fahren in Alex‘ Zimmer rum, Frauenzeitschriften, Schminkzeug und – der Klassiker– ganz viele Bilder von ihr und Freundinnen an der Wand. Am interessantesten aber sind die Jelzin-Flasche, die leeren Bierpullen und der Rotkäppchen-Sekt neben ihrem Schreibtisch. „Ach, die stehen nur so da“, sagt sie.

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Ausgeschminkt, rein in die Kiste. Das Bett nimmt den größten Teil im Zimmer ein, ist weich und quietscht nicht. Im Hintergrund läuft das Debütalbum von Royal Blood.

„Warum sprechen wir in deinem Bett, Alex?“ Sie sagt, es ist ihr Rückzugsort, ist sehr bequem und: sie liegt halt gern. „Mein Bett steht immer zu mir.“

Ihre Karriere hat quasi im Mutterleib begonnen, ihre Mutter habe ihr dieses musikalische Gen mitgegeben. Mit sieben Jahren ist zur Musikschule in Heidenheim marschiert, hat dort zig Instrumente ausprobiert, wie sie sagt. „Es war der faszinierendste Moment in meinem Leben.“

Grundstein gelegt, die Musik soll’s sein. Querflöte spielt sie schon lange, am stärksten zog es sie aber zum Gesang. Für Big Bands und Orchester stand sie auf der Bühne, bekannt wurde sie durch ihr Mitwirken beim Brenztown Blues Club. Irgendwann habe sie entdeckt, dass ihre Stimme absolut radiotauglich ist – und parallel ihre jetzigen Bandkollegen von Mira Wunder kennen gelernt.

Das brannte uns schon lange auf den Lippen: „Mira Wunder, das klingt ja schon ein bisschen wie der Name einer Darstellerin für Schmuddelfilmchen, oder?“ Elegant und mit diesem eiskalt-charmanten Blick umgeht sie die Frage, sagt, dass der Bassist der Band auf den Namen kam, weil er in einer Bücherei unterwegs war und über das lateinische Wort für „Wunder“ gestolpert ist: Mira. Der Band habe das gespiegelte Doppel als Namen sehr gefallen und ihn dann eben gleich festgezurrt.

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Alex liebt zwar Jazz und Blues (am Abend waren wir spontan noch zusammen auf dem Aalener Jazzfest, aber das ist eine andere Geschichte, und soll ein ander‘ Mal erzählt werden), Musik hört sie meistens aber rein nach Gefühlslage, sagt sie, und zwar immer und überall.

„Fällt es dir bei der Dauerbeschallung nicht schwer, dich überhaupt zu konzentrieren, zum Beispiel beim Autofahren?“ Sie schmunzelt und schleudert uns ein schnippisches „Wann kann ich mich denn überhaupt mal konzentrieren?“ entgegen. Sie ist grundsätzlich ziemlich chaotisch und braucht einen langen Anschub, sagt sie.

„Ist das so ein Künstlerding, grundsätzlich chaotisch zu sein?“ Sie antwortet mit Bedacht. Künstler seien häufig auf eine positive Art seltsam. Wir haken noch einmal nach, fragen, was für sie denn ein Künstler überhaupt ist. „Künstler entwickeln, etwas abstraktes oder klares, aber immer etwas, das anders ist.“

Apropos anders: Alex hat auch noch ein paar andere Hobbys als das Singen . Sie fotografiert gerne, und steht auf Mode (ja, voll untypisch für Mädels). Sie hat sogar einen eigenen Tumblr mit dem Titel „Live your life. It’s yours.“, bei dem sie aber eher rebloggt, hauptsächlich geht es da um Mode. Während sie uns das erzählt, gießt ihre Mutter auf dem Balkon gerade Blumen – und erwischt uns beim Blick ins Fenster quasi inflagranti.

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Das Mode-Thema führt uns unweigerlich zur Master-Frage: „Die Brille, war die eigentlich ein Versehen?“ Alex lacht, dann verneint sie. Im Gegenteil habe sie im Brillengeschäft ganz gezielt nach der Brille gefragt, die am seltensten verkauft wurde. Der Verkäufer wäre kurz im Nebenraum verschwunden, um dann mit dem ausgefallenen Exemplar und den Worten (Achtung, jetzt kommt’s:) „Die hier hat sonst nur noch ein schwuler Frisör gekauft“ zurückgekehrt. Und mit dem sei sie jetzt – zumindest stilistisch – auf ewig verbunden.

Mit dieser herrlichen Information versuchten wir uns dann auch schon zu verabschieden, wenn uns im Wohnungsflur nicht Alex‘ Mutter noch gekonnt in ein – wirklich nettes – Gespräch über (wer hätte es gedacht?) Musik verwickelt hätte.

Die Schuhe, die haben wir währenddessen wieder angezogen. Und uns dann langsam davongestohlen, aus der Wohnung und weg von Alex Janus‘ Reich, diesem riesigen, weichen, nicht quietschenden Bett.


Outtakes aus dem alten Frage-Antwort-Spiel

Momentane Lieblingsplatte? Alex: You Owe Nothing von Kill it Kid.

Lieblingsfarbe? Dunkelrot.

Lieblingstier? Eine Robbenkatze.

Lieblingsbuch? Die Hannibal-Trilogie.

Lieblingsfilm/-serie? Harry Potter und Gossip Girl.

Dein peinlichster Moment? Ich bin bei einem Auftritt über das Schlagzeug gestolpert.

Dein erotischstes Körperteil? Mein Mund.

Wenn du wählen dürftest: Sex oder Schokolade? Schokolade.


Fotos: Sascha Richter

Mehr zum Thema: Mira Wunder, Alles auf Anfang (EP): Auf gutem Weg nach Oben

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